Spanien und der ESC, das ist eine ganz besondere Geschichte. Feierte die Nation in früheren Jahren zahlreiche Erfolge, konnte es in der jüngsten Geschichte des Contests nicht überzeugen. Mit wenigen Ausnahmen waren die Misserfolge aber auch mehr als berechtigt. Während die spanischen Eurofans unvergleichlich verrückt sind, wie ich in Lissabon 2018 erleben durfte, waren die spanischen Verantwortlichen völlig uninspiriert, ambitionslos und unmotiviert. Die Beiträge waren meist langweilig, trotz talentierter Künstler:innen.
Dieses Jahr soll aber alles anders werden. Spanien kündigte mit dem Benidorm Fest einen Vorentscheid an, der sich über mehrere Runden erstreckte. Die Veröffentlichung des Teilnehmerfeldes sowie der dazugehörigen Songs sorgte in der Bubble für Furore! Spanien wurde für die Auswahl bejubelt und als neuer Favorit gefeiert.
Im gestrigen Finale wurde dann deutlich, dass die Demoskopische-Jury, die Fachjury sowie das TV Publikum unterschiedlicher Meinung waren. Während das Zuschauervoting das Trio Tanxugueiras an die Spitze hievte, wurden diese durch die zwei Jurys so herabgestuft, dass sie Chanel nicht mehr den Rang ablaufen konnten, obwohl diese nur auf dem dritten Platz der Zuschauergunst landete.
Das spanische Fuego brennt weiter
Chanel überzeugte in der Liveshow mit Perfektion. Ihre Choreographie war komplex, jede Bewegung saß. Ihre Tanzeinlage war so stark, dass selbst Eleni im direkten Vergleich blass aussehen würde. Trotz Herumwirbeln, Hebefiguren und Haarschütteleinlagen, traf sie die Töne und wirkte dabei obendrein entspannt und elegant. Obgleich das Lied nur eine mittelmäßige Tanznummer ist, überstrahlte das Gesamtpaket die Konkurrenz. „SloMo“ ist die beste Fuego-Kopie, die wir bisher beim ESC hatten und mit spanischen Elementen verliert die Nummer nicht den Heimatbezug.
Chanel fährt nach Turin
Die talentierte Künstlerin, die 1991 in Kubas Hauptstadt Havanna geboren wurde, arbeitet neben ihrer Gesangs- und Tanzkarriere auch als Schauspielerin. All das hat sie von klein auf gelernt. Mit drei Jahren zog sie von Kuba nach Spanien. Dort besuchte sie ab ihrem siebten Lebensjahr eine Schule der Künste, an der sie neben Gesang und darstellendem Spiel auch in Stepptanz ausgebildet wurde. Eine Disziplin, die ich zu gerne auf der ESC Bühne in Turin gesehen hätte.
Bühnenerfahrung sammelte sie unter anderem in zahlreichen Musicals. Von Mamma Mia, über Flashdance bis hin zum König der Löwen. Die Liste der namenhaften Inszenierungen ist lang.
Mit dieser Künstlerin, der dazugehörigen Inszenierung und dem massentauglichen Song geht Spanien auf Nummer Sicher. Andere Beiträge des Vorentscheids waren spannender, strittiger, aber eben auch unsicherer. Mit „SloMo“ wird es Punkte und eine bessere Platzierung geben, aber ob ein Top-5-Platz drin ist, wage ich zu bezweifeln, dafür ist der Song zu schwach und belanglos. So oder so, mit Chanel hat Spanien einen riesen Sprung nach vorne gemacht.
Hut ab Spanien, das war ein toller Vorentscheid mit einer starken Siegerin!