Im mittleren Block des sechsten Probentages geht es wieder Schlag auf Schlag. Fünf Semifinalisten dürfen das zweite Mal proben, bevor dann die Big Five + Gastgeberland in die erste Probe starten.
Der erste, nach der kurzen Mittagspause, ist Vincent Bueno aus Österreich. Das Bühnenbild ist weiterhin sehr dunkel, was zwar super gut wirkt, aber bei mir die Paenda-Sorge keimen lässt. Damals war ich auch ganz angetan von der dunklen Inszenierung. Während Vincent sein stimmliches Potential im Interview mit „Merci, Cherie“ noch kleingeredet hat, zeigt er hier eindrucksvoll, wie niedrig er da gestapelt hat. Österreich hat einen exzellenten Sänger am Start. Und wie gut sieht er bitte in seinem Outfit aus? Die elegante Inszenierung, das emotionale Lied, seine großartige Stimme: Ich bin begeistert. Viel mehr kann man da nicht rausholen.
Rafal aus Polen geht heute ebenfalls in die zweite Runde. Es ist schmierig, machohaft, meine Schüler_innen würden vermutlich von „cringe“ sprechen und ich will es doof finden, aber ich muss sagen, dass ich es irgendwie ganz sexy finde. Und ja, ich schäme mich ein wenig dafür! Auch wenn das alles etwas durcheinander und überladen ist und Rafal schon nach dem ersten Durchgang sichtlich an seine Konditionsgrenze kommt, mag ich das Ganze live doch sehr. Und man darf nicht vergessen, in der Liveshow gibt’s ja keine weiteren Durchgänge, also ist das mit der Ausdauer des Sängers weniger relevant.
Natalia und ihre Tänzer tragen die gleichen Outfits wie beim ersten Probendurchgang. Sie singt wieder extrem gut und auch tänzerisch kann man nicht viel kritisieren. Das sitzt alles schon recht gut, allerdings wirkt es noch immer so, dass das Konzept und der Song nicht zur Künstlerin passen. Auch wenn alles gut inszeniert und einstudiert ist, wirkt es eben ganz genau so: Inszeniert und einstudiert.
Weiter geht’s mit Island. Und was soll ich sagen?! Daði og Gagnamagnið sind einfach toll! Geändert wurde natürlich nicht mehr viel, warum auch? Schließlich war ja im ersten Durchgang schon alles ziemlich gelungen. Dass die Truppe nicht ganz vorne mitmischt in den Wetten liegt daran, dass wir ESC-Nerds den Vergleich zu 2020 ziehen, aber in der Realität wird kaum jemand der TV-Zuschauer den Song des letzten Jahres noch wirklich im Kopf haben und dann muss man einfach sagen, sind Daði og Gagnamagnið einfach wieder grandios. Ich würde Island beim Rennen um den Sieg noch nicht abschreiben.
Serbien fegen wieder wie ein Hurricane über die Bühne. Oh je, was ein schlechter Gag, ich fürchte die vielen Proben lassen mich ganz Loco Loco werden. Ok, jetzt reichts. Die Wortwitze waren so schlecht, dafür schäme ich mich fast mehr als für meine Rafal-Zuneigung. Zurück zu Serbien. Die drei Sängerinnen sehen einfach großartig aus. Geändert hat man nahezu nichts, aber Serbien war ja auch schon beim letzten Mal sehr professionell, da geht’s jetzt nur noch um feinschliff. Ich bin kein Fan des Songs, aber muss sagen, dass das live schon echt gut wirkt. Die drei haben wirklich was drauf.
Nach einer kurzen Pause folgen die ersten Proben der Finalisten. Jendrik ist als zweiter an der Reihe.