Nach den eher schwachen Ergebnissen der letzten Jahre, entschied sich Frankreich für den ESC 2020 auf eine interne Wahl zu setzen. Wie in so vielen Ländern wurde also auch in Frankreich das Publikum als Problem ausgemacht. Scheinbar ist es dem französischen Zuschauer nicht möglich, den europäischen Geschmack zu treffen. Diese Entscheidung wurde aus Fan-Kreisen bedauert, war doch der französische Vorentscheid eine sehr gelungene und abwechslungsreiche Show, die die Vorentscheid-Saison der letzten Jahre bereicherte. Aber 2020 sollte alles anders werden. Die französischen Verantwortlichen kündigten das beste Lied aller Zeiten an, das uns alle anderen Lieder vergessen lassen würde. In der Tat wurde nach der Veröffentlichung des Songs über nichts anderes mehr gesprochen, jedoch lief es nicht ganz so, wie das französische Team es sich vorstellte. Spott und Hohn an allen Ecken und Enden. Schon lange wurde ein ESC-Beitrag nicht mehr so zerrissen. Nun scheint das Problem wieder gefunden zu sein. Tom Leeb! Denn Frankreich kündigte an, im Jahr 2021 nicht erneut mit Tom an den Start gehen zu wollen. (Offizieller Grund dafür: Der volle Terminkalender des Künstlers im kommenden Jahr. Keine Zeit für die größte TV-Unterhaltungsshow der Welt.) Der talentierte und sympathische Musiker war jedoch ganz sicher nicht das Problem, sondern (ebenfalls wie in den meisten Ländern) das Team, das für die Songauswahl und Inszenierung verantwortlich war. Tom hat Potential, er singt fantastisch und seine YouTube-Videos sind wirklich beeindruckend. Mit ihm hatte Frankreich eine gute Wahl getroffen. Dass sympathische und talentierte Künstler_innen aber einen richtig schlechten Song nicht ausgleichen können, zeigte Deutschland ja bereits sehr eindrucksvoll u. a. mit S!sters und Levina.
Zurück zu den (kurzen) Wurzeln?!
Wie Wiwibloggs berichtete, wird Frankreich im kommenden Jahr wieder auf einen Vorentscheid setzen. Scheinbar war die zerschmetternde Kritik in diesem Jahr doch zu groß, um den „Fehler“ 2021 erneut zu wiederholen. Jedoch soll es sich bei der Vorauswahl nicht um das bekannte Format „Destination Eurovision“ handeln, stattdessen will der austragende TV-Sender France 2 eine neue Show kreieren, die nicht von externer Seite produziert wird. Alle Entscheidungen sollen beim französischen Sender liegen, der die Show so über ihre verschiedenen Kanäle besser promoten will. Klingt nach einer guten Idee, denn auch in Frankreich gab es in der Vergangenheit das Image-Problem, dass wir aus Deutschland ebenfalls kennen. Das Interesse am Contest sinkt, die Aufmerksamkeit schwindet. Diesem Prozess will man so entgegenwirken. Auch europaweit könnte das neue Format für Aufmerksamkeit sorgen. Da viele Ländern auf ihre Vertreter aus 2020 setzen und somit weniger Vorentscheide stattfinden werden, ist davon auszugehen, dass die Fangemeinde jede Show, die im Vorfeld gezeigt wird, auch sehen wird.
Ablauf unklar
Wie die Show letztendlich ablaufen soll, ist noch nicht klar. Ob Frankreich, wie die meisten Ländern, auf eine Verteilung von Jury- und Publikumspunkte setzen wird, ob es mehrere Vorrunden und ein Finale geben wird, ob die Künstler_innen intern oder über einen vorgeschalteten Auswahlprozess mit Voting gefunden werden, all das ist noch nicht bekannt. Sicher ist nur, dass das Publikum wieder mitentscheiden soll, was nicht nur die französischen ESC-Fans freuen wird. Auch wenn diese Entscheidung schade für Tom ist, der nun doch nicht auf der großen ESC-Bühne stehen wird, ist der Weg für die Zukunft meiner Meinung nach der Richtige. Der ESC lebt von den Fans, dessen Ausschluss in meinen Augen immer schwierig ist. Nicht die Zuschauer sind das Problem, sondern die Auswahlprozesse vor den Live-Shows, die dem Publikum oft nur noch die Wahl zwischen Not und Elend lassen. Hier gilt es, mehr Energie und Liebe hineinzustecken, um am Ende ein zufriedenstellendes Ergebnis erzielen zu können. Aber auch mit tollen Acts darf man nie vergessen: Der ESC ist ein Wettbewerb und wie bei jedem Wettbewerb gibt es Gewinner und Verlierer. Auch ein guter Song, mit tollen Künstlern und einer ansprechenden Inszenierung kann am Ende hinter den Erwartungen zurückbleiben.